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Ökumenischer Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen
11. September 2022 @ 17:00 - 19:00
Bereits zum vierten Mail beteiligte sich die neuapostolische Gemeinde Berlin-Charlottenburg an der jährlichen „Gebetswoche für die Einheit der Christen“. Am 11. September 2022 war sie erstmals Gastgeberin des regionalen ökumenischen Gottesdienstes im Rahmen der Gebetswoche. Vertreterinnen und Vertreter von 13 Konfessionen versammelten sich am Sonntagnachmittag im Gotteshaus an der Wernigeroder Straße.
Als die Orgel einsetzt und die Gemeindeleiterinnen und -leiter ins Kirchenschiff einziehen, ist die Feierlichkeit des Augenblicks förmlich mit Händen zu greifen. Nicht nur, weil es eine Premiere ist, dass hier Geistliche aus gut einem Dutzend unterschiedlicher christlicher Kirchen das erste Mal zum traditionellen Gebetswochen-Gottesdienst in der Neuapostolischen Kirche Charlottenburg zusammenkommen. Die Namen der teilnehmenden Konfessionen lassen zum Teil auch erahnen, wie viel Geschichte sie im Gepäck haben: Der Bischof der örtlichen griechisch-orthodoxen Gemeinde schreitet da neben der Geistlichen der Presbyterian Church of Ghana durch den Mittelgang zum Altar, gefolgt vom Pastor der Schwedischen Kirche und einer Vertreterin der ungarischen protestantischen Gemeinde in Berlin. Neben der Evangelischen Landeskirche, der Römisch-Katholischen Kirche und weiteren orthodoxen Kirchen, sind auch Alt-Katholiken und Baptisten mit dabei.
Lesungen in sieben Sprachen
Deshalb ist da nicht nur das Gefühl einer feierlichen Premiere, als die Geistlichen links und rechts vom Altar Platz nehmen. Die Besonderheit des Augenblicks liegt auch im Bewusstsein, dass es angesichts der Situation in anderen Teilen der Welt nicht selbstverständlich ist, dass sich Gläubige mit so unterschiedlicher Herkunft hier friedlich versammeln, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern.
Den Chorgesang übernimmt eine Gruppe der Presbyterian Church of Ghana, Gemeindelieder werden aus dem neuapostolischen Gesangbuch gesungen. Die Liturgie haben die Gemeindeleiterinnen und -leiter unter sich aufgeteilt. Biblischen Texte werden auf deutsch, englisch, griechisch, arabisch, ungarisch, schwedisch und twi gelesen. Das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel liest die Gemeinde auf deutsch. Dieses Bekenntnis aus dem Jahr 325 verbindet die christlichen Konfessionen über alle ihre Grenzen hinweg. Es ist ihr Minimalkonsens.
„Wir haben seinen Stern gesehen …“
Ganz am Anfang des Gottesdienstes wird der Blick auf die eigenen Fehler gerichtet: In drei Gebetsstrophen dominiert das Bekenntnis des eigenen Versagens: „Wir bekennen, dass wir deine Wege verlassen und deinen Willen missachtet haben …“, „Wir haben uns unseren Brüdern und Schwestern gegenüber egoistisch verhalten … haben Mauern zwischen uns aufgerichtet …“, „Wir haben Barrieren zwischen Menschen aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Geschlecht errichtet.“ Das Bekenntnis mündet in der Bitte um Vergebung.
Für die Predigt ist in diesem Jahr Pfarrer Edvard Turan von der syrisch-orthodoxen Gemeinde zuständig. Zu ihr pflegt die neuapostolische Gemeinde Charlottenburg seit einigen Jahren eine freundschaftliche Beziehung. Die Gebetswoche steht unter einem Bibelvers aus dem Matthäus-Evangelium: „Wir haben seinen Stern im Osten gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten“ (Matthäus 2,2). „Sie erzählt die Geschichte der drei Waisen auf dem Weg zum Kind in der Krippe, die Geschichte von suchenden Menschen aus einem fernen Land, die – egal, woher sie kommen – Gott finden, wenn sie sich auf die Suche nach ihm machen“, betont Pfarrer Turan. „Um ihn zu erreichen, sorgen sie sich nicht um die Schwierigkeiten, Probleme, Nöte, denen sie auf dem Weg begegnen. Wer Gott sucht und ihn findet, kann nie auf dem gleichen Weg zu seinem Startpunkt zurück.“
Gegenseitig füreinander beten
Die Gemeinde hat für den Gottesdienst ihren Herrnhuter Stern hervorgeholt, der ansonsten in der Advents- und Weihnachtszeit das Kirchenschiff ziert. Er leuchtet an diesem späten Nachmittag über den Köpfen der Anwesenden. Außerdem haben alle Gottesdienstteilnehmenden an der Kirchentür einen Papierstern und einen Stift erhalten. Nach der Predigt bieten diese Sterne Gelegenheit zum gemeinsamen Innehalten: Wer will, kann auf dem Stern die eigenen Sorgen notieren und sie beliebig jemand anderem in die Hand drücken – und damit ans Herz legen: eine Woche lang jeden Tag in Gebeten gegenseitig aneinander denken und füreinander eintreten, das ist der Gedanke dahinter.
Das Gebet Jesu in sprachlicher Vielfalt
Das Vaterunser führt anschließend alle wieder zusammen. Zuerst wird es auf arabisch vorgetragen. Das Arabische mit seiner poetischen Strahlkraft rückt das Gebet geografisch in die Richtung seines Entstehungsortes und sprachlich in die Nähe des Aramäischen, das als die Sprache Jesu gilt. Anschließend sprechen alle Anwesenden das Gebet gemeinsam – jede und jeder in der eigenen Sprache.
Friedensgruß, Segen und ein Kollektenaufruf stehen am Ende des Gottesdienstes. Die Kollekte kommt dem Verein „We are Christians“ zugute, der sich für ethnisch oder religiös Verfolgte vor allem im Nahen Osten einsetzt. Von erlebter „Wärme der Gemeinschaft“ ist in den abschließenden Dankesworten von verschiedener Seite die Rede. Diese Wärme begleitet die Anwesenden hinaus, vor die Kirchentür zum Get-together – und noch viel weiter, in den Alltag hinein.